Häufig laufen Pachtverträge über landwirtschaftliche Grundstücke und vielleicht auch ganze Betriebe im Herbst, üblicherweise am 30. September oder 31. Oktober aus. Daher ist die Herbstzeit auch die Zeit, neue Pachtverträge zu schließen oder gegebenenfalls über Änderungen der bisherigen Vertragsbedingungen für eine Fortsetzung mit dem bisherigen Vertragspartner zu verhandeln. Natürlich gilt das Nachfolgende auch für alle zu anderen Zeiten endenden oder neu beginnenden Pachtverhältnisse.
Aus unserer langjährigen Praxis ist bekannt, dass viele Landwirte den Abschluss eines Pachtvertrages für eine lästige Formalität halten. Oft werden gängige Vertragsformulare verwendet, die dann nur unvollständig oder gar widersprüchlich ausgefüllt und unterzeichnet werden, nicht selten ohne den Inhalt überhaupt zur Kenntnis zu nehmen oder ihn vollständig zu verstehen. Dabei wird häufig darauf vertraut, dass es nicht zum Streit kommt, weil die Vertragsparteien sich bisher in der Vergangenheit stets gut verstanden haben. Man kennt sich ja und den Zustand der Pachtsache usw. auch. Dabei kann sich das jederzeit ändern, zum Beispiel bei einem Eigentümerwechsel durch Betriebsübergabe, Verkauf oder einem Erbfall oder aus sonstigen Gründen. Andere vertrauen darauf, dass das verwendete Formular alles Wesentliche richtig regelt, so dass es passt. Dabei sehen die Formulare regelmäßig für verschiedene Punkte Alternativen vor.
Dies führt häufig zu späteren Streitigkeiten. Hier nur ein paar Beispiele zu den vielen, im Zusammenhang mit Landpachtverträgen immer wieder auftauchenden Fragen und Streitpunkten:
- Wer trägt die Kosten des Einmessens und Setzens fehlender Grenzsteine?
- Wer zahlt das eingebrochene Stalldach, das zu morsch geworden war, wer trägt die Kosten des Austausches einzelner Dachziegel oder eines notwendigen Anstriches?
- Ist man an den Pachtvertrag trotz Kündigung noch gebunden, wenn ja, für welche Zeit?
- Was kann getan werden oder passiert, wenn die Pacht nicht vollständig oder pünktlich bezahlt wird?
- Welche Folgen hat es, wenn auf eine Beschreibung des Zustandes der Pachtsache bei Pachtbeginn verzichtet wurde?
- ………. und vieles Anderes mehr!
Nachfolgend finden Sie – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – Anregungen zu einigen wichtigen Themen, die gerade bei Neuabschluss eines Landpachtvertrages – wie auch alles Andere – gründlichst überlegt und abgewogen werden sollten:
- Bedenken Sie bereits bei Abschluss eines Landpachtvertrages mit breitem Blick alle wichtigen Umstände, beispielsweise für den Fall, dass schon absehbar Pachtgrundstücke zu Bauland werden könnten oder möglicherweise verkauft werden sollen oder müssen.
- Aus anwaltlicher Sicht ist Pächtern und Verpächtern gleichermaßen dringend zu raten, ebenso schon im Verlauf der Vertragsverhandlungen, spätestens aber zum Zeitpunkt des Pachtbeginns die Grundstücke bzw. den Betrieb gemeinsam zu besichtigen und die Feststellungen in einer sogenannten Beschreibung der Pachtsache zu protokollieren und beidseits zu unterschreiben. Das Inventar, welches mitverpachtet werden soll, ist möglichst detailliert aufzulisten. Ebenso Grundstücke wie auch eine vorhandene Bebauung oder verpachtete Maschinen und Geräte und sonstiges Zubehör sind nach Alter, Zustand, Funktionsfähigkeit usw. genau zu beschreiben. Die Erfassung vorhandener bzw. fehlender Grenzsteine nicht vergessen!
- Ist der Zustand zu Pachtbeginn vertragsgemäß oder sind von einer Vertragspartei, meist vom Verpächter noch Maßnahmen zu treffen?
- Welche Instandhaltungs-, Instandsetzungs- oder Ersetzungspflichten soll der Pächter übernehmen, welche der Verpächter? Sind die gesetzlichen Regelungen dazu den Parteien bekannt, sind sie für den jeweiligen Einzelfall passend?
- Ist gegebenenfalls absehbar eine Unterverpachtung geplant oder erforderlich? Sollen dazu schon vorab Regelungen vereinbart werden? Bedenken Sie, auch bei erlaubter Unterverpachtung erstreckt die Haftung des Pächters sich auf alle verschuldeten Handlungen auch des Unterpächters.
- Nach dem Gesetz ist der Pächter grundsätzlich verpflichtet, das ihm mitverpachtete Inventar zu erhalten. Er hat Inventarstücke unter bestimmten Voraussetzungen erforderlichenfalls auch zu ersetzen. Der Verpächter muss nach dem Gesetz demgegenüber Inventarstücke ersetzen, die infolge eines vom Pächter nicht zu vertretenden Umstandes in Abgang kommen. Sind diese gesetzlichen Regelungen sinnvoll und gewollt oder können und sollen abweichende Vereinbarungen getroffen werden?
- Nach Gesetzeslage muss der Verpächter dem Pächter notwendige Verwendungen auf die Pachtsache ersetzen, die zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Pachtsache erforderlich sind und keinen Aufschub dulden. Kosten für gewöhnliche Ausbesserungen ohne solche höchste Dringlichkeit, sind nicht vom Verpächter zu tragen. Auch hier ist zu erwägen, ob anderweite Vereinbarungen sinnvoller und möglich sind.
- In der Praxis ist es üblich, jährliche Pachtzahlungen – vorschüssig oder nachschüssig – zu vereinbaren. Es ist aber auch zulässig und kann durchaus sinnvoll sein, stattdessen vierteljährliche oder monatliche Pachtzahlungen zu vereinbaren. Der Verpächter erkennt Zahlungsprobleme des Pächters früher. Diesem fällt es auch oft leichter, die Pacht in kleineren Teilbeträgen zu zahlen, obwohl etwa Ernteerlöse aus dem Marktfruchtbau natürlich meist im Herbst anfallen.
- Wird das angepachtete Grundstück oder der gepachtete Betrieb verkauft, endet das Pachtverhältnis deshalb nicht. Es gilt der Grundsatz: «Kauf bricht nicht Pacht.» Der neue Eigentümer tritt an Stelle des Voreigentümers in die vertraglichen Rechte und Pflichten ein. Sonderkündigungsrechte bestehen nach dem Gesetz nicht und müssten gesondert vereinbart werden.
- Alle getroffenen Vereinbarungen und die Grundlagen dafür sind tunlichst schriftlich festzuhalten. Dies gilt auch für das Festhalten des Zustandes der Pachtsache zu Beginn der Pacht und für etwaige Abreden zum Zustand bei Pachtende. Im Streitfall wollen Beteiligte von mündlichen Vereinbarungen häufig nichts mehr wissen und können sich an bekannte Umstände und Zustände nicht mehr erinnern. Tritt während der Pachtdauer ein Pächter- oder Verpächterwechsel ein, so können diesem unter Umständen die früheren mündlichen Absprachen oder Zustände gar nicht bekannt sein. Zudem kann sich ein neuer Pächter oder Verpächter in der Regel ohnehin auf die schriftlichen Verträge berufen und zurückziehen.
Also: Wie schließe ich einen Landpachtvertrag mit dem guten Gefühl, keinen grundlegenden Fehler gemacht und alles Wichtige beachtet zu haben? Keinesfalls sollten Sie blind auf ein auch künftig ungetrübtes zwischenmenschliches Verhältnis mit Ihrem Vertragspartner setzen und vertrauen. Mündliche Absprachen oder rein persönliche Kenntnis vom Zustand der Pachtsache sind im Streitfall kaum nachweisbar. Wenn es aber zum Streit kommt, dann werden die Verträge aus der Schublade geholt. Wenn Sie einen Formularvertrag verwenden wollen, wäre das Mindeste, dass Sie diesen sorgfältig lesen und verstehen sowie jedenfalls vollständig und in sich widerspruchsfrei ausfüllen. Für viele regelungsbedürftige Fragen enthalten Vertragsformulare häufig gar keine Bestimmungen oder solche, die für den jeweiligen Einzelfall ungeeignet sind. Dann sollten die zu ergänzenden oder geänderten Regelungen schriftlich detailliert in der dafür meist vorgesehenen Rubrik „Sonstige Vereinbarungen“ niedergelegt werden. Erforderlichenfalls sind Beiblätter zu erstellen, wobei dann darauf geachtet werden muss, dass diese auch wirksamer Vertragsbestandteil werden. Fehler und Unvollständigkeiten können die landwirtschaftsbetrieblichen Abläufe höchst unangenehm stören und auch äußerst kostspielig sein.
Wie immer in Rechtsangelegenheiten gilt: Lieber vorsorglich etwas mehr Zeit und Sorgfalt für eine alle relevanten Gesichtspunkte erfassende Prüfung und fachlich qualifizierte Beratung aufwenden, als später im Konfliktfall zu denken: “Hätte ich doch nur ….“.
Hinweis: Zur besseren Lesbarkeit wird das generische Maskulinum verwendet, es sind aber stets alle Geschlechter gleichermaßen gemeint.
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